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Umwelt, Rund um das Haus

Der Vorgarten

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Der Vorgarten ist das Aushängeschild des Hauses. Obwohl der Klimawandel mit einhergehendem Artensterben nicht mehr zu leugnen ist, verschwinden immer noch Grünflächen unter Beton, Steingabionen, Schotter und Kies. Stichwort sind sog. „Schottergärten“, die angeblich pflegeleicht und repräsentativ sein sollen, tatsächlich jedoch pures Ödland darstellen, das lebensfeindlich für Insekten, Vögel, Igel und Co. ist.

Auch haben sie negative Auswirkungen für das lokale Klima und den Wasserhaushalt. Sie leisten somit überhaupt keinen Beitrag für die sog. Klimaresilienz*! Vielmehr heizen sich diese Schotterflächen an warmen, sonnigen Tagen stark auf, speichern die Hitze und geben sie nachtsüber ab. Die ohnehin warme/heiße Luft vor dem Haus wird noch heißer und führt zu einem wüstenähnlichen Mikroklima mit Lufttemperaturen von durchaus 50 bis 70 °C. Die Konsequenz ist, dass Rollläden oftmals tagsüber geschlossen bleiben (müssen), um den hierdurch entstandenen Hitzestau wenigstens etwas zu reduzieren. Der Effekt wird mangels Vegetation im Vorgarten auch nicht abgemildert, weil Schattenbildung und Verdunstung nicht stattfinden können. Im Grunde genommen verstärkt man hierdurch den Klimawandel (fast) absichtlich und die Nachbarn müssen darunter mitleiden. Auch Starkregen kann bei derartig angelegten Vorgartenflächen zum Problem werden, weil keine Wasserresorption erfolgt, dadurch Regen nur oberflächlich ablaufen und öffentliche Flächen und die Kanalisation überlasten kann. Schottergärten kosten somit i. d. R. ihre Besitzer mehr Geld, da die Kommunen für versiegelte Flächen Abwassergebühren verlangen.

Ein weiteres Manko von Schottergärten ist deren negative Auswirkung auf den Schallschutz, d. h., sie sind laut, weil Umgebungsgeräusche aus Verkehr und Nachbarschaft nicht durch Pflanzen geschluckt, sondern unmittelbar ans Haus reflektiert werden. Das Schottergärten wirklich pflegeleicht sind, ist zudem ein Irrglaube, da sie lediglich für eine relativ kurze Zeit „schön“ aussehen. Recht schnell kann sich allerhand Unrat, Staub, Laub, Samen etc. in den Zwischenräumen der aufgeschütteten Schotterflächen ansammeln, sodass sich langsam eine Humusfläche entwickelt. Diese bildet wiederum die Basis für die Ansiedlung und Ausbreitung von Unkräutern und Moosen, d. h., dass die Natur letztendlich versucht, sich Lebensraum zurückzuerobern. Das ursprüngliche Ziel des Vorgarten als repräsentative Visitenkarte ist also nur durch einen nicht unerheblichen Pflege(mehr)aufwand zu erreichen.

Viele Haus- und Grundbesitzer sowie Kommunen steuern diesem negativen Trend inzwischen entgegen. Auch alle 16 Landesbauordnungen regeln u. a. die Gestaltung nicht überbauter Flächen von bebauten Grundstücken – nämlich wasserdurchlässig und zu begrünen. Daher sind Schottergärten, insbesondere mit Vliesunterlagen, baurechtlich unzulässig – d. h. nicht erlaubt – auch unabhängig von einem Verbot. 

Ausnahmen von der Verpflichtung können dagegen für andere zulässige Nutzungen gelten, z. B. Pflasterungen oder Pkw-Stellplätze. Dies jedoch nur in einem „vertretbaren“ Rahmen. Schottergärten zählen nicht dazu! Da vielerorts Unklarheit herrscht, was erlaubt ist oder nicht, wurde z. B. im Landesnaturgesetz Baden-Württembergs ein Verbot von Schottergärten zusätzlich festgeschrieben. Damit wird die geltende Regelung in der Landesbauordnung letztendlich bestätigt.

Andere Bundesländer wie Bayern und Sachsen-Anhalt haben ihre Landesbauordnung entsprechend nachgebessert. Auch in Niedersachen sind Schottergärten inzwischen verboten. In NRW wurden die Regeln bei der Vorgartengestaltung ebenfalls verschärft. Kunstrasen und Schottergärten sind landesweit nicht mehr zulässig. Bereits seit 2018 ist in der Landesbauordnung NRW festgelegt, dass Schottergärten im Grunde verboten sind. Doch die Regelung wurde bisher lediglich als Gebot ausgelegt, auf diese Art Garten zu verzichten und auch auf kommunaler Ebene unterschiedlich interpretiert. Es gilt allerdings grundsätzlich ein Begrünungsgebot in ganz NRW. Die Städte können jedoch durchaus auch zusätzlich strengere Vorgaben über ihre Gestaltungssatzungen oder Bebauungspläne machen. Trotz des bestehenden Verbots setzen Städte in NRW selten, i. d. R. auch nicht sofort, auf das Mittel der Bauordnungsverfügung, d. h. letztendlich Rückbau von Schottergärten. Bislang werden derartige Verstöße gegen die Landesbauordnung NRW eher selten als Ordnungswidrigkeit, sprich mit einem Ordnungsgeld geahndet. Allerdings sollte man die Änderung der Landesbauordnung NRW seit Anfang 2024 durchaus als Warnschuss werten. Wer (s-)einen Schottergarten nach dem 01.01.2019 oder einen Kunstrasen nach dem 01.01.2024 angelegt hat, kann in jedem Fall zum Rückbau aufgefordert werden, da sie unstrittig keinen Anspruch auf Bestandsschutz haben. Fristenunabhängig ist davon auszugehen, dass es für viele generell schwierig sein wird, sich überhaupt auf Bestandsschutz zu berufen, da das allgemeine Begründungsgebot in NRW seit dem Jahr 2000 gilt. Trotz der gesetzlichen Regelungen setzen die Städte derzeit eher auf Information, Aufklärung und schaffen auch positive Anreize, indem eine Begrünung von vorher verschotterten Flächen sogar gefördert wird. 

Letztendlich sollte jedem Hausbesitzer wegen der bereits deutlich spürbaren Folgen des Klimawandels bewusst sein, dass man bei einer geplanten Vorgarten(neu)gestaltung auf das Anlegen eines Schottergartens grundsätzlich verzichten sollte. Besser wäre es, eine abwechslungsreiche, bienenfreundliche Bepflanzung vorzunehmen und damit einen wichtigen Umweltbeitrag zu leisten. Auch tut eine derartige Vorgartengestaltung sicherlich dem eigenen Wohlbefinden, der Lebensqualität generell und auch dem nachbarschaftlichen Miteinander gut. Nicht umsonst gehen wir gerne in Wälder und Parks etc., um zur Ruhe zu kommen, frische Luft zu atmen und vieles mehr. Warum dann nicht das Ganze im Kleinen vor der Haustür?

Inspirationen/Beratungen für die Vorgartengestaltung und Unterstützung bei der Auswahl geeigneter Pflanzen kann man sich u. a. in den zahlreichen Gartencentern, bei Garten- und Landschaftsbauern, aber auch z. B. beim NABU NRW, dem BUND Landesverband NRW etc. holen. Auch Privatgärten öffnen regelmäßig Besuchern ihre Türen, wie z. B. die „Offene Gartenpforte Ruhrgebiet“ am 06.07.2025 in Duisburg.

Dipl.-Ing Thomas Ott

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